Der Vogelknöterich

Der Vogelknöterich (Polygonum aviculare) ist eine einjährige, krautige Pflanze. Die Wurzeln reichen in 25 bis 80 Zentimeter Tiefe. Die meist niederliegenden, seltener aufrechten Stängel sind 5 bis 60 Zentimeter lang. Die Laubblätter sind elliptisch-lanzettlich und gras- bis blaugrün. Die zerschlitzte Ochrea ist kürzer als die Internodien, silbrig-durchscheinend, gegen den Grund oft bräunlich und besitzt höchstens sechs unverzweigte Blattadern.

Die Blütezeit reicht meist von Mai bis Oktober (April bis November). Die Blütenäste sind bis zur Spitze beblättert. Die Blüten sitzen einzeln oder zu zwei bis sechs in kleinen, blattachselständigen Gruppen. Die Blütenhülle aus meist fünf Blütenhüllblättern ist grünlich mit weißem, rosafarbenem oder rötlichem Rand. Die drei Griffel sind sehr kurz. Die Blüten sind geruchlos, bilden keinen Nektar und werden daher kaum von Insekten besucht. Der Vogelknöterich ist hauptsächlich autogam.

Die matt oder glänzenden, gerieften oder glatten Nussfrüchte sind meist 2 bis 3 Millimeter lang und meist kaum länger als die Blütenhülle.

Werner Rothmaler gibt die Verbreitung als circumpolar in der meridionalen und borealen Zone sowie in der australen Zone an. Erich Oberdorfer gibt sie als mediterran-eurasisch-nordisch, in den gemäßigten Zonen heute weltweit an. Der Vogelknöterich ist in Mitteleuropa sehr häufig. Er gedeiht von der Ebene bis ins Gebirge, in den Alpen bis in eine Höhenlage von 1200 Meter, im Schwarzwald bis 1360 Meter.

 

Der Vogelknöterich, früher auch Weggras und Proserpinata genannt, ist eine Pionierpflanze und wächst vor allem auf Wegen, Schutt, Gräben, Kiesplätzen, Trittstellen, Äckern. Er gedeiht auf trockenen bis mäßig trockenen, nährstoffreichen, humosen oder rohen Stein-, Sand- und Lehmböden. Er ist ein Stickstoffzeiger. Pflanzensoziologisch ist der Vogelknöterich typisch für den Verband Polygonion avicularis und die Klassen Polygono-Poetea (Annuelle Trittrasen), Secalietea (Getreideunkrautgesellschaften) und Chenopodietea (Hackunkraut- und Ruderalgesellschaften).

Der Vogelknöterich ist seit der Jungsteinzeit ein Kulturbegleiter.

Der Vogelknöterich ist eine alte Vogelfutterpflanze.

Junge Stängel und Blätter werden seit langem als Gemüse verwendet.

 

Sammelzeit:

Das blühende Kraut kann durch das ganze Jahr hindurch gesammelt werden. Gelegentlich werden auch die Wurzeln gesammelt. Den höchsten Kieselsäuregehalt besitzt der Vogelknöterich im Herbst.

 

Inhaltsstoffe:

Kieselsäure (zum Teil auch wasserlöslich), Gerbstoffe (Gallotannine und Catechingerbstoffe), Flavonoide, insbesondere Avicularin, Phenolcarbonsäuren und Schleimstoffe, Saponine, Vitamin C

 

Wirkung:

Steinlösend, harntreibend, Lungengewebe stärkend, Bindegewebe stärkend, zusammenziehend, schleimlösend, kapillarabdichtend.

 

Einsatzgebiete:

Heute wird die Heilpflanze noch gelegentlich als Tee bei Katarrhen der oberen Atemwege wegen ihrer (allerdings nur geringen) Auswurf fördernden Wirkung verwendet und ist in Teemischungen oder als Extrakt in entsprechenden Fertigpräparaten enthalten. Die auf den Gerbstoffgehalt zurückzuführenden adstringierenden Eigenschaften werden zum Spülen und Gurgeln bei leichteren Entzündungen im Mund- und Rachenraum, auch als äußerliche Anwendungen gegen Hautunreinheiten und zur Wundbehandlung genutzt.

 

Bei Blutungen, Nasenbluten, starken Menstruationsblutungen, Entzündungen der Mund und Rachenschleimhaut, ebenso Magen-Darm-Schleimhäute, Darmblutungen, Lungenkatarrhen, Asthma und Bronchitis, Gicht und Rheuma. Bei chronischem Husten und zur Nachbehandlung der Tuberkulose, bei Nieren-Blasenleiden, Blasenschwäche, Bettnässen, Zellulitis und Hautunreinheiten.

 

Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) bestätigt in seiner Monographie Polygonum aviculare die traditionelle Anwendung bei den Indikationen Erkältung (Teeaufguss), leichte Entzündungen in Mund und Rachen (Tee zum Gurgeln) und zur Durchspülungsbehandlung bei leichten Harnblasen-Beschwerden (Abkochung)

Dosierung und Rezepturen

1 TL auf ¼ Liter Wasser kalt ansetzen und zum Sieden bringen und nach 5-10 Min. abseihen.

Äusserliche Anwendungen: Bäder oder Teilbäder bei schlecht heilenden Wunden, offenen Beinen.

Pulver: Getrocknetes, pulverisiertes Vogelknöterichkraut zur Behandlung bei brüchigen Fingernägeln, Haarausfall und schwachem Bindegewebe. 3 x täglich 1 TL Pulver mit Wasser einnehmen.

Vogelknöterich, Hirtentäschelkraut, Mistelkraut zu gleichen Teilen, davon 1 Eßlöffel mit 1 Glas kochendem Wasser aufgießen und 2 Stunden in Thermoskanne ziehen lassen.

Täglich ½ Glas trinken bei zu schwacher Menstruation.

 

Sonstige Namen:

Angerkraut, Ackerminskraut, Blutgarbe, Blutkraut, Chrottechrut, Dähnengras, Dehngras, Delmenhorst, Falsches Polygalakraut, Hansel am Weg, Hansel in den Gassen, Eisern Heinrich, Heinzli am Weg, Hemerianatee, Hühnergras, Hühnerscherm, Jungferntritt, Knotengras, Knotenkraut, Knotenwegerich, Närvechrut, Reisskraut, St. Innozenzkraut, Russischer Knöterich, Saugras, Saukraut, Schweinlagros, Schweinegruse, Soachkräutel, Wegkrattler Tausendknoten, Tennengras, Trampelpflanze, Unvertrete, Unvertritt, Vogelchrut, Vogelgras, Vogelscherm, Weggras, Weglauf, Wegspreite, Wegsaukraut, Wegtritt, Zehrgras.

Interessantes:

Interessant ist die Tatsache, daß man getrocknete Pflanzenteile und Samen in Europa in den Steinzeitsiedlungen (etwa 4. Jahrtausend v. Chr.) vorfand.

Die Samen bleiben bis zu 250 Jahre lang keimfähig.

 

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